Stadtratssitzung vom 22. Juni 2017

Die Stadtratssitzung vom 22. Juni 2017 stand ganz im Zeichen der Beschlussfassung über den Doppelhaushalt für die Jahre 2017 und 2018. Bevor es zur Diskussion des Haushaltes kam, wurden noch einige Vorlagen beschlossen, die in den nächsten Jahren kleinere oder größere Auswirkung auf den Haushalt haben werden.

Mit großer Mehrheit wurde beschlossen, dass die Satzung über die Hebesätze der Gewerbesteuer geändert werden soll. Dazu hatten sich die Bürger für Görlitz bereits zuvor gemeinsam mit der CDU bekannt. Die Hebesätze sollen von gegenwärtig 450 Punkten auf 440 im Jahr 2019, auf 430 im Jahr 2020 und 420 im Jahr 2021 gesenkt werden. Eine Senkung bereits im Rahmen des jetzt beschlossenen Doppelhaushaltes hatten wir im Vorfeld ausgeschlossen. Immerhin bedeuten 10 Punkte eine finanzielle Belastung von 350.000 bis 400.000 Euro. Eine solche Belastung des Haushaltes muss rechtzeitig geplant werden. Und aktuell stehen für uns andere Prioritäten im Fokus.

Einstimmig wurde die Übernahme von zehn Prozent der Gesellschafteranteile am Theater durch die Stadt Zittau beschlossen. Dafür mussten jahrelange schwierige Verhandlungen geführt werden. Die positive Folge: Die finanziellen Aufwendungen für das Theater werden in den nächsten Jahren für die Stadt Görlitz langsamer steigen, weil sich die wirtschaftliche Verantwortung nun auf mehr Schultern verteilt (Landkreis 60 %, Görlitz 30 %, Zittau 10 %).

Zudem wurde vor dem Haushalt noch ein Beschluss über die Unterstützung der Europa-Chor-Akademie gefasst, von der man in den nächsten Jahren noch viel Interessantes und viele schöne Klänge hören wird. Neben dem Chor von Weltrang, der im vergangenen Jahr bspw. die erste Neunte von Beethoven in der neuen Hamburger Elbphilharmonie gesungen hat, geht es in dem Projekt vor allem um die Ausbildung von Chordirigenten für ganz Europa. Viele interessante Persönlichkeiten, Studenten und Musiker aus der ganzen Welt werden sich für Wochen und Monate in Görlitz aufhalten und das kulturelle Leben der Stadt und Region bereichern. Der Bund hat für das Projekt sechs Millionen Euro bereit gestellt, der finanzielle Beitrag der Stadt nimmt sich dagegen sehr bescheiden aus, er steigt von anfänglich ca. 20 T€ auf später etwa 50 T€ pro Jahr. Mit diesen Mitteln soll vor allem der Karpfengrund 1 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz angemietet und der Europa-Chor-Akademie zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden.

Dann begann die Aussprache zum Haushalt. Unsere Stadträtin Yvonne Reich hielt zum ersten Mal die Haushaltsrede für die Fraktion, die wir unter der Rubrik „Zum aktuellen Haushalt“ online gestellt haben. Daher wollen wir uns an dieser Stelle nur zu den politischen Grundzügen des Haushaltes äußern, den wir als politische Kraft maßgeblich geprägt haben.

Die wichtigsten Kennzeichen des Haushalts sind aus unserer Sicht, dass er familiengerecht und investitionsorientiert ist.

Familiengerechtigkeit bedeutet für uns, dem ganzen Komplex an Bedürfnissen gerecht zu werden, der das Leben einer Familie in einer Stadt prägt: Gesundheitsfürsorge, Kita, allgemeine und kulturelle Bildungs- und Freizeitangebote, urbane Natur- und Rückzugsräume, Anlagen für sportliche Betätigungen etc. Für alle diese Bereiche enthält der Haushalt Akzente: die Stadt fördert den Neubau des Mutter-Kind-Zentrums im Klinikum, stockt die Ausgaben für den Kitabereich auf, verbessert u.a. die Finanzausstattung von Musikschule, Tierpark und Theater, investiert in die Park- und Spielplatzlandschaft der Stadt und erhöht die Sportförderung, die insbesondere Kindern und Jugendlichen zugute kommt. Vieles mehr könnte noch aufgezählt werden… Zudem hat Yvonne Reich in ihrer Haushaltsrede bewusst darauf hingewiesen, dass wir die Kitabeträge möglichst konstant halten wollen. (Wir hatten schon früher darauf hingewiesen, dass die Anstrengungen der Stadt, die letzte Steigerung der Beiträge so gering wie möglich zu halten, in der Öffentlichkeit leider kaum zur Kenntnis genommen wurden.)

Investitionen in die Stadt sind für uns nach wie vor das richtige und wichtigste Zeichen der Zeit. Seien es im Bereich der Pflichtaufgaben der Neubau einer fünften Oberschule und die Sanierung des Schulkomplexes in Königshufen, die Planung eines neuen Feuerwehrgebäudes und die Anschaffung wichtiger Löschtechnik, Baumaßnahmen am Postplatz oder der Bahnhofstraße, seien es im freiwilligen Bereich die Investitionen am Berzdorfer See, in die neue Sporthalle, das Soziokulturelle Zentrum, die Stadthalle, das Theater, das neue Kulturforum Görlitzer Synagoge, das Kulturerbezentrum Jakob Böhme in der Dreifaltigkeitskirche oder auch die Unterstützung privater Investoren mit Mitteln des Städtebaus – wir sind uns sicher, dass man schon in einem Jahrzehnt rückblickend sagen wird, dass dieser Haushalt richtige Weichen gestellt hat. Denn selbst wenn alle positiven Erwartungen, die mancher mit einer Senkung von Abgaben verbindet (bspw. der Gewerbesteuer): niemals würden die Einnahmen der Stadt so gut aussehen, wie durch die vielen Fördermittel, welche die Stadt mit den für manche Kreise unpopulären Abgaben nach Görlitz holt! Unbestritten bedeutet dies jetzt eine große Anstrengung, aber die infrastrukturelle Entwicklung und die Lebensqualität der Stadt behalten und beschleunigen auf diese Weise sogar ihre Dynamik. Nach wie vor kann Görlitz von der historischen Gunstsituation beispielloser Fördermöglichkeiten profitieren. Der jetzt beschlossene Doppelhaushalt greift in dieser Situation zukunftsorientiert und entschlossen zu und verdoppelt sogar noch einmal die Schlagzahl der Vorjahre.

Von Seiten der Fraktion Die Linke wurde völlig zu Unrecht in die Debatte eingeworfen, man entscheide als Stadtrat mit dem Haushalt letztlich nur den Bruchteil eines Prozentes vom Gesamthaushalt. Alles andere seien feststehende Kosten. Dem ist mitnichten so. Schon bei den zweistelligen Millionensummen im Investitionsbereich handelt es sich weitgehend um strategische Entscheidungen der Stadtratsmehrheit. Und darüber hinaus wird allzu leicht vergessen, dass natürlich immer wieder bestätigende Millionenentscheidungen getroffen werden, die aufgrund ihres Wiederholungscharakters nicht als freiwillige und politisch gewollte Entscheidungen auffallen. Das beginnt bei der Straßenbeleuchtung und geht über die Hortbetreuung der Kinder bis zu den klassischen freiwilligen Aufgaben im Sport- und Kulturbereich. In allen diesen Feldern könnte der Stadtrat auch andere Entscheidungen treffen. Aber die Mehrheit des Stadtrates hält am überdurchschnittlichen Niveau dieser Aufgaben fest und sichert damit die Lebensqualität für die Bürger und die Attraktivität für die Gäste unserer Stadt. Die Bürger für Görlitz sind dabei seit beinahe zwanzig Jahren eine entscheidende und stabilisierende Kraft.

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