Jahrzehntelang war Krieg für uns eine Informationslage. Jetzt hat er uns – nein, er hat uns nicht erreicht! Wir spüren erste Folgen. Mehr nicht. Die furchtbaren Bilder und Berichte aus der Ostukraine und jetzt aus Israel und dem Gasa Streifen machen unmissverständlich klar, was es bedeutet dass jegliche Normalität des Lebens endet und die grausame Wirklichkeit des Krieges eintritt.
Die Würde des Menschen ist antastbar. Sie ist nur da eine Realität, wo Menschen sie anerkennen und durch menschliches Handeln im Kleinsten wie im Großen Wirklichkeit werden lassen.
Dies kann sehr einfach sein oder auch Heldentaten erfordern. Wozu wir in der Lage sind wissen wir wohl erst, wenn wir ganz persönlich einer „Bewährungsprobe“ ausgesetzt sind. Wozu wir aber bereit im Sinne der Menschenwürde sind, darüber müssen wir reden und mehr Klarheit gewinnen. Das ist eine persönliche und eine gesellschaftliche Aufgabe, und damit auch eine kommunalpolitische.
Unsere Wählervereinigung sieht sich daher in der Verantwortung, einen besonnenen Diskurs in Zeiten des Krieges zu fördern. Dazu gehört auch anzuerkennen, dass es keine Lösung für die eskalierte Weltlage gibt, die heute erkannt, formuliert und umgesetzt werden könnte.
Wir erleben leider ein engstirniges Hadern und Polemisieren über Fragen wie die, ob es richtig oder falsch sei, beispielsweise Taurusraketen an die Ukraine zu liefern oder nicht. Niemand kann dies entscheiden und sollte es daher auch nicht selbstbezogen zu seiner politischen Profilierung instrumentalisieren. Vielmehr gilt es einzusehen, dass in solchen Fragen immer gute Argumente und Gegenargumente existieren und es im Kern darum geht, historische Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen, deren Richtigkeit man sich nicht sicher sein kann. Damit wäre für den gesellschaftlichen Diskurs viel gewonnen.
Dafür ist allerdings auch die Kraft erforderlich, Ungewissheit als Teil des Lebens zu akzeptieren. Ein Vermögen, das bei vielen Menschen wenig ausgeprägt ist, auch nicht in Zeiten des Friedens. Das Ignorieren des Ungewissen und damit der Angst vor dem Unbekannten, ist mit Sicherheit ebensowenig eine Lösung wie das Zurückweisen von Flüchtlingen an der Grenze. So geschaffene Bastionen werden nicht halten. Und politische Mehrheiten, welche dies behaupten, beschwören die Gefahren des Krieges nur umso heftiger herauf.
Dennoch ist natürlich auch das einfache Gegenteil, die unbegrenzte Aufnahme von Menschen, die ein Recht auf Asyl haben, nicht „richtig“, um bei diesem Beispiel zu bleiben. Weder das eine noch das andere ist die „richtige Lösung“. Unsere Herausforderung ist, uns jeden Tag im Sinne der Menschenwürde der Ungewissheit unserer Entscheidungen zu stellen und Verantwortung für konkretes Handeln zu übernehmen – in Berlin oder in Görlitz. So haben wir die Chance, Teil einer Lösung zu sein.
(Bildquelle Pixabay: mit herzlichem Dank)
14. Oktober 2023
Nikolai
Guten Tag, eine Frage: wo ist Dr. Weidle abgeblieben?